Podiumsdiskussion mit den Landtagskandidaten 2018

Podiumsdiskussion Landtagskandidaten

von links Halil Tasdelen (SPD), Tim Pargent (Grüne), Moderator Peter Engelbrecht, Gudrun Brendel-Fischer (CSU), Thorsten Glauber (FW) und Richard Mergner (Vors. Bund Naturschutz Bayern)

Vier Kandidaten folgten der Einladung des Bund Naturschutzes

Einige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober lud die Kreisgruppe Bayreuth des Bund Naturschutzes am 2. Juli die Kandidaten aus Oberfranken zu einer Diskussion über die „Entwicklung des ländlichen Raums“ ein. Vier Landtagskandidaten diskutierten zusammen mit Richard Mergner, dem Landesvorsitzenden des Bund Naturschutzes in Bayern, im Bayreuther Bechersaal über das oben genannte Thema. Der Moderator Peter Engelbrecht vom Nordbayerischen Kurier verzichtete auf eine strenge Themenstrukturierung und bat die Kandidaten darum, die Schwerpunkte ihrer Partei vorzustellen. Im übrigen verließ sich der Moderator auf die Besucher im Saal und lag damit richtig. Die geplante Zeit von über zwei Stunden reichte beinahe nicht aus, um alle Fragen zu behandeln.

Für Klimaschutz und gegen Flächenfraß

Die Landtagskandidaten verstiegen sich bei ihren Statements hauptsächlich im klein-klein und ließen die große Strategie vermissen (Glauber: Abwanderung aus den Orten stoppen, Standortfaktoren definieren; Brendel-Fischer: Subventionsverteilung ändern, Dorferneuerung, Bahnanbindung); Pargent: Flächenfraß verhindern, interkommunalen Wettbewerb vermeiden, Ortskerne stärken, Gebäudebestandmanagement; Tasdelen: Infrastruktur verbessern, Ortskerne stärken, Dörfer wiederbeleben). Richard Mergner stellte die wichtigsten Ziele des Bund Naturschutzes in Bayern vor. Er fordert ein Klimaschutzgesetz, um insbesondere Auswüchse der industriellen Landwirtschaft zu begrenzen. Heimatschutz besteht für ihn darin, den Flächenfraß zu vermeiden und über allem steht ein sozial-ökologischer Lebensstil. Mergner weiter: Zur Verhinderung des Flächenfraßes wird ein Bürgerbegehren gestartet. Über dessen Zulässigkeit entscheidet am 17.7.18 das bayerische Verwaltungsgericht in München. Im Kern sieht die Initiative eine Begrenzung der Flächenumwandlung auf 5 Hektar pro Tag vor. Tim Pargent unterstützt das Vorhaben. Er schlägt „Flächenzertifikate“ vor, mit denen Gemeinden eine nicht benötigte Ausweitung anderen Kommunen „verkaufen“ können. Thomas Glauber gefällt das Vorhaben gar nicht. Er sieht darin eine starke Behinderung der gemeindlichen Dorfentwicklung und bringt gleich ein praktisches Beispiel: „Was soll ich als Bürgermeister meiner Feuerwehrkommandantin sagen, wenn sie im Ort bauen will, aber kein Grundstück findet?“. Und Glauber weiter: Kommunen müssten jetzt schon hohe Planungsauflagen erfüllen, wenn sie ein Baugebiet ausweisen wollen. Im Laufe Diskussion meldet sich der Bürgermeister von Emtmannsberg zu Wort. Thomas Kreil verweist auf das seiner Meinung nach wichtigste Ziel der Menschheit: den Klimawandel und die Klimaerwärmung stoppen. Leider bringt er in den folgenden Ausführungen keine Beispiele, mit welchen Maßnahmen er das Ziel in seiner eigenen Gemeinde umsetzen will.

Die Politik muss den Rahmen setzen

Ein Vertreter der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) ermuntert die Anwesenden dazu, Naturschutz im Kleinen zu betreiben. Seine Organisation setze auf Eigeninitiative und warte nicht auf die Segen der großen Politik. Helmut Korn, ehemaliger Vorsitzender der Kreisgruppe Bayreuth des BN, reicht diese Einstellung nicht aus. „Wir betreiben ja bereits Naturschutz im Kleinen, z.B. mit der Pflege von Streuobstwiesen“. Der Naturschutz brauche aber einen gesetzlichen Rahmen. Die Subventionen für die Landwirtschaft sind bisher nach Flächenanteil geschlüsselt. In Österreich würde als zweite Säule die ökologische Landwirtschaft gefördert. Korn verweist in seinen weiteren Ausführungen auf die Fehlentwicklungen beim Bauernverband. „Einige Funktionäre verdienen sich mit Lobbyarbeit für die Agrarindustrie ein beträchtliches Nebeneinkommen hinzu.“ Mit der Aussage spricht Korn die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer direkt an. Diese reagiert leicht aggressiv mit dem Satz: „Ich bin nicht der Bauernverband“. Später fügt sie im gemäßigten Ton hinzu, dass sie selbst oft im Streit mit dem Bauernverband liege und würdigt Korn als wichtigen Vertreter des Naturschutzgedankens.
Der gesetzliche Rahmen wird für Mergner auch bei Anwendung der Gentechnik benötigt. Zwar ist Bayern hinsichtlich direktem Anbau gentechnikfrei, führt aber Futtermittel ein, deren Inhalte hinsichtlich gentechnischer Anteile nicht gekennzeichnet sind. Die Forderung nach Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln stand bereits bei der Podiumsdiskussion im Jahr 2013 auf der Agenda. Seither hat sich nichts verbessert.

Die richtige Verteilung der Steuermittel

Richard Mergner sieht die Dorfentwicklung eng verbunden mit der Verteilung von Steuermitteln. Kommunen müssten für den Unterhalt von Schulen und Kindergärten alleine aufkommen. Um dafür die nötigen Gelder zu erhalten, braucht es höhere Schlüsselzuweisungen und dies führt dazu, die Einwohnerzahlen durch Ausweisung immer neuer Baugebiete ständig zu erhöhen. Eine andere Fehlentwicklung sieht Thorsten Glauber bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen. So würde im bayerischen Nord-Ost-Programm nur die Landkreise Kulmbach-Kronach-Hof-Wunsiedel gefördert. Im Landkreis Bayreuth gebe es aber ebenfalls Förderbedarf. Halil Tasdelen verwies in seinem Eingangsstatement bereits darauf, dass zum Beispiel in Bad Berneck die „Katz‘ gfreggt“ sei. Gudrun Brendel-Fischer verwies auf ein aktuelles Förderprogramm „Innen statt außen“, mit dem in Bayern die Ortskerne belebt werden sollen. Glauber sagt, dass die beiden Förderprogramme in keiner Weise vergleichbar seien. Innen-statt-außen verlangt von den Gemeinden, dass sie innerhalb von 14 Tagen den Förderantrag bei der Regierung von Oberfranken stellen. „So kann keine Innovation entstehen“. Die Förderung der Ortsentwicklung führt dann schnurstracks zum Thema „Umgehungsstraßen“. Bürgermeister Kreil führt ins Feld, dass eine Entwicklung der Ortskerne nicht möglich sei, wenn eine stark befahrende Bundes- oder Staatsstraße durch den Ort führe. Die gegenteilige Meinung vertritt ein Bürger aus Mistelbach. Für ihn führt die Ortsumgehung zu einer nicht verantwortbaren Naturzerstörung. Auch Gudrun Brendel-Fischer sieht die Ortsumgehung kritisch. „Die Hoffnung ruht auf einer Änderung der Mobilität, die hin zu Elektroautos geht“.

Insektensterben und Vermaisung der Landschaft

Einen verhältnismäßig geringen Raum für Diskussionen um den Naturschutz nahmen die Themen „Insektensterben“ und „Auswüchse des Maisanbaus“ an. Die Landtagskandidaten hatten sich offensichtlich auf die Themen Ortsentwicklung und Fördermittel vorbereitet. Reinhard Birkner, Vorsitzender der Kreisgruppe Bayreuth des Bund Naturschutz, hatte in seiner Begrüßungsrede aber die Themen angesprochen. Gudrun Brendel-Fischer zeigte sich gut vorbereitet. Gegen die Vermaisung der Landschaft führte sie die Entwicklung der Becherpflanze ins Feld. Deren Anbau wird durch staatlich geförderte Pilotprojekte unterstützt. Zur Bekräftigung ihrer Aussage zeigte sie dem Publikum ein Exemplar der Becherpflanze, welches sie zur Diskussion mitgebracht hatte. Das Thema „Insektensterben“ müsse ebenfalls relativiert werden, sagte Brendel-Fischer. Sie verwies auf eine Umfrage bei heimischen Imkern: soviel Honigerträge wie heuer hat es schon lange nicht mehr gegeben, führte die Landtagsabgeordnete ins Feld. Auf diese Aussage hin gab es bei den Naturschützern im Saal aber nur Kopfschütteln oder ein müdes Lächeln.

Weiterführende Links

https://www.thorsten-glauber.de/
https://pargent.fuer-die-gruenen.de/
http://halil-tasdelen.de/
https://www.bund-naturschutz.de/bund-naturschutz/organisation/vorsitzender.html

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