Was wir von Kapstadt lernen können

Beim Wasser sparen helfen alle mit

Wasserbehälter am Friedhof

Wasserbehälter am Friedhof in Heinersreuth

Die Hitzewelle hat uns seit Wochen im Griff. Herannahende Regenwolken trägt der Wind schnell wieder fort, bevor nur ein paar Tröpfchen auf unsere dürren Wiesen fallen. Es scheint, also ob es in Heinersreuth einfach nicht mehr regnen will.
Wäre es da nicht an der Zeit, über das Thema „Wasser sparen“ nachzudenken? Wer mit offenen Augen durch den Ort geht, wundert sich über manches Verhalten der Bewohner. Da spritzt zum Beispiel jemand am Sonntag vormittag mit dem Gartenschlauch den Staub von seinem Auto. Oder am Friedhof werden die Wasserbehälter bis oben hin aufgefüllt, obwohl jedem klar sein sollte, dass das Wasser bei 35 Grad im Schatten schnell wieder verdunstet. Jede vertrocknete Tujahecke soll noch mit Trinkwasser aus dem Gartenschlauch für kurze Zeit am Leben erhalten werden. Und wer weiß schon, wieviel Zeitgenossen ihre Badwanne bis zum Rand voll laufen lassen? Ein Radiobericht aus Kapstadt gibt uns zu denken. In der Hauptstadt von Südafrika herrscht seit drei Jahren eine Dürreperiode. Wie sich Bewohner und Touristen auf den Wassermangel einstellen, erfahrt ihr im folgenden Abschnitt.

Tagesverbrauch auf 50 Liter pro Person begrenzt

Seit 1. Februar 2018 darf in Kapstadt jeder Einwohner nur noch maximal 50 Liter Wasser pro Tag verbrauchen. Dank dieser Verordnung konnte im letzten Moment der zunächst für April angekündigte „Day Zero“ vermieden werden. In einem Interview mit Stephan Lina vom Bayerischen Rundfunk erläutert Priya Reddy, Sprecherin der Stadtverwaltung, was sich in Kapstadt verändert hat: „Zum einen haben wir den Wasserdruck in den Leitungen enorm reduziert, zum andern haben sich sowohl die Unternehmen wie auch die Einwohner – egal ob reich oder arm – wirklich gemeinsam darum bemüht. Für Trinkwasser anstehen zu müssen war eigentlich unvorstellbar. Die meisten Bewohner haben ihre Einstellung zum Wasser inzwischen fundamental verändert; sie nehmen es nicht länger als selbstverständlich“.

Der Wasserverbrauch wurde in Kapstadt um 50% reduziert

Seit zum 1. Februar die „Level 6 B“- Restriktionen eingeführt wurden, ist die Bevölkerung in einem Krisen-Kollektiv vereint: Pro Tag und Person dürfen nicht mehr als 50 Liter Wasser verbraucht werden. Das Auto waschen ist verboten, genau wie das Bewässern der Gärten und Golfplätze und mit dem Status-Symbol Swimmingpool mag kaum noch jemand protzen. Der 50-Liter-Lebensstil ist zum Postulat der Stadt geworden – ohne zu wissen, ob es im nächsten Jahr nicht doch noch zu einem „Day Zero“ kommt; zu jenem „Tag Null“ also, ab dem die knapp vier Millionen Einwohner zählende Großstadt nur noch per Tankwagen versorgt werden kann. Die seit drei Jahren herrschende Dürre hält unvermindert an. Deshalb überbieten sich zahlreiche Hotels und Restaurants der Stadt mit Wasserspar-Slogans wie „Choose not to use“, „Save like a Local“ oder „Every Drop counts“. Eine Öko-Dauerwerbesendung könnte kaum besser organisiert sein. Flächendeckend. Im Internet gibt es alleine zehn Songs, die exakt zwei Minuten dauern. So lange, wie man maximal duschen sollte.
Aber nicht alles läuft freiwillig. Die Stadtverwaltung in Kapstadt hat ein spezielles Abrechnungssystem mit dem Prinzip einer dynamischen Verteuerung der Wassergebühren eingeführt. Verschwenderische Haushalte zahlen inzwischen das Vierfache des regulären Kubikmeter-Preises, also knapp acht Euro.

So praktiziert eine deutsche Familie „Wasser sparen“ in Kapstadt

Die deutsch-ugandische Arztfamilie von Jürgen Freers lebt seit 2014 in Kapstadt in einem geräumigen Haus direkt unter dem Tafelberg. Der 5-Personen-Haushalt mit Frau und drei Töchtern kommt mittlerweile mit knapp unter zweihundert Liter Wasser pro Tag über die Runden. Jürgen Freers: „Jedes Wasser wird mindestens zwei Mal benutzt; alles wird recycelt. Neben den Toilettenbecken steht ein Eimer mit grauem Wasser, das ist Brauchwasser. Das Wasser kommt aus der Waschküche; also die Waschmaschine ist von dem Ablauf abgeklemmt, das Waschwasser wird nach dem Waschen zum Klospülen benutzt. Dann haben wir natürlich das Gleiche auch mit dem Duschwasser. Hier steht unter der Dusche eine Wanne. Da stellen sie sich rein und wenn sie duschen, dann läuft das Wasser in die Duschwanne mit der Seife und mit allem. Auch im Handwaschbecken steht ein kleiner Eimer drin. Das heißt, wenn sie das aufmachen dann läuft das Wasser, machen die Hände nass, seifen sich ein und wenn sie sich dann wieder die Hände abspülen, dann machen sie wieder aus. Und das Wasser, das dabei gebraucht wird aufgehoben. Alles wird zwei Mal benutzt.“
Die knapp 18jährige Tochter Paula gehört zur ersten Generation in Kapstadt, die in ihrer Jugend bereits mit einer Wasserkrise aufwächst und vermutlich noch mehrere Jahre lang mit dem Trinkwasser klug wird umgehen müssen – „water wise“ wie es im Englischen heißt. „Zu Beginn muss ich zugeben, es war ein bisschen stressig. Man hat sich ständig unter Druck gefühlt. Man hatte Angst auch einfach das Klo zu spülen und dann, zum Schluss war’s dann so, man hat es auch manchmal vergessen. Es ist seltsam für mich jetzt, normal das Klo zu spülen.“

Auch die Urlauber passen sich an

Für Urlauber sind die Wasserrestriktionen – im Unterschied zu den Einwohnern – eine vorübergehende Erscheinung. Zwar kann in fast allen Hotels kein Bad mehr genommen werden, die Duschköpfe sind auf Minimalverbrauch eingestellt und die Bettwäsche wird meist erst am vierten Tag gewechselt. Doch von einem unzumutbaren Verzicht kann kaum die Rede sein. Im Gegenteil. Nicht wenige Kapstadt-Besucher zeigen sich auf ihre Weise solidarisch und lassen sich ganz auf die Situation in der Stadt ein. So zum Beispiel Rüdiger Sauer aus Limburg: „Na ja, wir haben uns vorher schon etwas auf die Wasserkrise eingestellt. Also wir gucken schon, dass wir so wenig wie möglich Wasser verbrauchen. Ich habe gestern beim Duschen die Zeit gestoppt: Dusche angemacht, nass gemacht, ausgemacht, dann eingeseift, abgeduscht. 1:19 Minuten hab ich dafür gebraucht.“

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