Wie gefährlich sind Schimmelsporen in der Raumluft?

Der Schimmel in der Raumecke wuchs praktisch „über Nacht“

Immungeschwächte Personen sind besonders gefährdet

Die Zeitschrift „Apothekenumschau“ beschäftigte sich bereits mehrfach mit diesem Thema. So berichtete Dr. Markus Allewelt, ein Lungenfacharzt aus Berlin, in einem Artikel von allergischen Reaktionen bei Menschen mit entsprechender Veranlagung. Immungeschwächte Personen, z.B. durch eine Chemotherapie oder eine Covid-19-Erkrankung, sind noch weit stärker gefährdet. „Hier kann es zu Infektionen mit teilweise schweren Verläufen kommen“, so der Oberarzt. Gefürchtet sind besonders die Pilze aus der Gattung „Aspergillus“. Die Aspergillose betrifft in erster Linie die Lunge, die Ohren und die Nasennebenhöhlen. In selteneren Fällen sind auch die Haut, das zentrale Nervensystem und innere Organe betroffen. Bei Infektionen der Nasennebenhöhle kann Fieber auftreten oder Ausfluss aus Nasen oder Ohren entstehen. Allergische Reaktionen können die typischen Symptome von Asthma mit Husten und Atemnot aufweisen.
In einem Artikel der Zeitschrift Umwelt-Medizin-Gesellschaft (3/2010) fasst Dr. Thomas Fenner aus Hamburg die diagnostischen Möglichkeiten zusammen: „Die Medizin verfügt über verschiedene Methoden, die gesundheitlichen Auswirkungen einer Schimmelpilzbelastung am Arbeitsplatz oder im Wohnbereich näher einzugrenzen. Da es nicht einen oder einige spezielle labordiagnostische Test gibt, die die Aussage einer krankmachenden belastenden Schimmelpilzexposition beweisen, ist die Diagnostik vielschichtig. Sie beginnt immer mit einer ausführlichen Anamnese, um zu klären, wo welche Beschwerden in welcher Form nachweisbar sind. Häufig werden wiederkehrende Infektionen, Nasennebenhöhlenentzündungen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Antriebsarmut als Symptome genannt. Diese Symptome können aber auch bei zahlreichen anderen Erkrankungen auftreten. Sinnvoll kann es sein, die Wohnung über einen Zeitraum von vierzehn Tage zu verlassen, um einen Zusammenhang zwischen Beschwerden und Umfeld zu erkennen.“

Der Schimmel kann „über Nacht“ wachsen

Melanie Kallert (Name geändert) traute ihren Augen nicht, als sie das Bett im Kinderzimmer zur Seite rückte. Innerhalb von zwei Wochen war ein dunkler Schimmelrasen an der Tapete vom Sockel aus bis auf eine Höhe von vierzig Zentimetern gewachsen. Melanie war erst im Sommer mit ihrer Familie in die Mietwohnung im ersten Stock eingezogen. Die Maklerin hatte ihr nichts von einem Schimmelproblem verlauten lassen und die Wohnung war frisch gestrichen worden. Ende November kam der Schimmelbewuchs wie aus heiterem Himmel auf die Bewohner zu. Melanie griff zum Telefon und meldete der Hausverwaltung den Vorgang. Als nach acht Tagen immer noch keine Abhilfe in Sicht war, fragte die besorgte Mutter von zwei Kindern bei der Verbraucherzentrale nach. Die freundliche Dame am Telefon riet ihr, den Schaden mit dem Fotoapparat festzuhalten und die Hausverwaltung schriftlich in Verzug zu setzen. Von einer voreiligen Mietkürzung riet die Beraterin ab. Sie empfahl aber, die Mietzahlung unter Vorbehalt zu leisten, um später Rückforderungsansprüche geltend machen zu können.

Schimmel schnell entfernen, wenn Gefahr im Verzug ist

Melanie Kallert sorgt sich um die Gesundheit ihrer beiden Kinder und will nicht warten, bis ein Handwerker endlich Zeit für ihr Problem hat. Die Frage ist nur, welche Mittel Erfolg versprechen und wie dauerhaft die Wirkung ist. Verbraucherschutzzentralen empfehlen die schnelle Oberflächenreinigung mit alkoholhaltigen Mitteln, da hier die Nebenwirkungen am geringsten sind. Der Alkohol sollte mindestens eine Konzentration von siebzig Prozent aufweisen. In der Apotheke lässt sich Isopropylalkohol kaufen; Ethanol mit der Bezeichnung Brennspiritus auch in Drogerien oder Baumärkten. Fertige und gesundheitsverträgliche Mischungen bietet die Firma Jati an. Die Stellen mit sichtbarem Bewuchs werden besprüht oder betupft und anschließend dreißig Minuten einwirken lassen. Beim Abreiben ist unbedingt eine Schutzausrüstung zu tragen, mindestens eine FFP2-Maske und Handschuhe. Befallene Tapten werden sofort abgenommen und entsorgt. Damit ist die Arbeit noch nicht getan. Alle übrigen Oberflächen müssen von Staub gereinigt werden – entweder per Staubsauger mit HEPA-Filter oder an glatten Stellen mit einem feuchten Wischtuch. Und die verborgenen Stellen dürfen nicht vergessen werden, z. B. hinter Schränken, unter Betten und in den Raumecken.

Schimmel braucht zum Wachsen Feuchtigkeit

Als Nahrungsquelle reicht für bestimmte Pilzarten der vielfältig vorhandene Hausstaub aus. Luftfeuchtigkeit entsteht in jedem Haushalt mehr oder weniger. Nur sollten die Werte bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Zur Kontrolle dient ein Hygrometer. Dieses wunderbare elektronische Gerät misst mindestens die Raumtemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit – erhältlich ab dreißig Euro aufwärts im Elektronikhandel oder im Baumarkt. Profigeräte können noch mehr: den Luftdruck anzeigen, die relative Feuchte in absolute Feuchte umrechnen oder per Datenlogger die Werte über einen längeren Zeitraum speichern. Zum Einstieg reicht es für Laien aus, die Werte regelmäßig zu dokumentieren und Grenzen zu definieren. Denn die relative Luftfeuchtigkeit sollte dem Wert von siebzig Prozent nicht übersteigen. Ansonsten schlägt sich die feuchte Luft an der kältesten Stelle im Raum nieder und wandelt sich unter Umständen in Tauwasser um. Frau Kallert achtet nun auch darauf, dass Betten und Schränke nicht direkt an den Außenwänden stehen. Die zirkulierende warme Luft im Raum kommt sonst nicht an die verdeckten kalten Stellen heran. In der Folge kühlen die Oberflächen aus und sorgen dafür, dass die feuchte Luft dort kondensiert.

Schimmel ist immer wieder Streitthema in Mietwohnungen

Sachverständige stecken bei Schimmelproblemen regelmäßig in der Zwickmühle zwischen Mieter und Vermieter. Will der Mieter den Wohnungsbesitzer wegen eines angeblichen Schimmelbewuchses über den Tisch ziehen und unberechtigt seine Miete kürzen oder ist das Haus tatsächlich in einem schlechten Bauzustand? Dafür wäre dann der Vermieter verantwortlich. Abenteuerliche Geschichten bekommt der Gutachter von beiden Seiten oft zu hören. So erzählt zum Beispiel am Telefon Reiner Weber (Name geändert) von einem extremen Schimmelbefall und der fristlosen Kündigung seines Mietvertrages. Zur Bekräftigung schickt er Bilder per Email nach. Zum Erstaunen des Gutachters sieht der Schaden vor Ort gar nicht so bedrohlich aus. Einige schwarze Stellen an den Fensterfugen und 5 x 10 Zentimeter an der Fußbodenleiste. Ob das für eine fristlose Kündigung reicht? Das Hygrometer zeigt stolze 74 Prozent relative Luftfeuchtigkeit an. Die Heizung schafft es nur auf 17 Grad Celsius. Der Schimmel an der Fußleiste ist hinter einer Schrankwand gewachsen. Ein erster Gedanke: selbst wenn die Wärmedämmung nicht hundertprozentig in Ordnung ist, muss sich der Mieter an die eigene Nase fassen. Wer soviel Feuchtigkeit produziert, muss mehr heizen und regelmäßig lüften. Dieser Klimacocktail reicht aus, um an der kältesten Stelle im Wandverbund den Wasserdampf kondensieren zu lassen. Wenn Weber wirklich an seiner Mietwohnung gelegen ist, sollte er sein Nutzerverhalten kritisch beleuchten.

Anruf von Vermieterseite: „Hilfe, der Mieter hat seine Mitzahlung gekürzt“

Ein anderer Fall erzählt die Geschichte aus Sicht einer Vermieterin. Sonja Liebermann (Name geändert) berichtet am Telefon von der fristlosen Kündigung ihres Mieters wegen angeblichem Schimmel. Dabei sei in den Geschäftsräumen kein einziger Schimmelfleck zu sehen. Der Termin vor Ort bringt Klarheit. Tatsächlich riecht es in den Räumen etwas muffig. Die Luftfeuchtigkeit liegt mit 56% im mittleren Bereich und mit 19 Grad Celsius ist es nicht zu kalt. Warum kann in der Wohnung dennoch ein Problem entstehen? Tatsächlich sind in den Ecken unterhalb der Geschossdecke schwarze Stellen zu entdecken. Hier macht sich langsam Schimmel breit. Die Wärmebildkamera wartet auf ihren Einsatz. Glücklicherweise liegt die Außentemperatur heute bei -3 Grad Celsius. Da lassen sich Schwachstellen im Mauer- und Deckenverbund gut erkennen. Die Oberflächentemperatur der Innenwand beträgt 18 Grad Celsius. In den Ecken zeigt das Display der Wärmebildkamera aber nur 12 Grad an. Eine klassische Wärmebrücke tut sich auf. Frau Liebermann gibt sich überrascht. Von diesem baulichen Problem habe sie bisher nichts gewusst. Für den Gutachter klingt die Aussage unglaubwürdig. Diese Wärmebrücke führt nach Eintreten der kalten Jahreszeit zwangsläufig zu Wasserdampfkondensat.

Mehr Informationen zum Thema Schimmel

https://www.umweltmesstechnik-bayreuth.de/schimmel/schimmelpilz.php

https://www.umweltmesstechnik-bayreuth.de/schimmel/schimmelgutachten.php

https://www.umweltmesstechnik-bayreuth.de/schimmel/schimmel-probenahme.php

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