Bei Mobilfunkstandorten das Vorsorgeprinzip anwenden

Mobilfunkstandortplanung in Heinersreuth

Fotomontage eines Mobilfunksenders am Bleyer

Betreiber sucht einen Mobilfunkstandort in Heinersreuth

Telefonica ist einer von vier Mobilfunkanbietern in Deutschland. Anfangs firmierte die Firma unter dem Namen „O2“; inzwischen wurde O2 von dem spanischen Konzern Telefonica übernommen. Die Standortsuche des Betreibers verwundert, denn seit dem Jahr 1998 sind alle Sendeanlagen für die Gemeinde Heinersreuth auf dem Bauernberg nahe Unterwaiz konzentriert. Dieses Grundstück gehört der Telekom und andere Betreiber konnten den Standort bisher mitnutzen.

Die Mieteinnahmen sind für Grundbesitzer verlockend

Geeignete Mobilfunkstandorte sind stark umworben und so locken die Betreiber mit stattlichen Zahlungen. Fünfhundert Euro Miete je Monat sind durchaus üblich. Das Angebot für ein Grundstück in Heinersreuth soll nach Angaben von Beteiligten aber wesentlich niedriger liegen. Als Gegenleistung für die Mieteinnahmen müsste der Grundbesitzer eine Laufzeit von 15 Jahren akzeptieren und den Eintrag einer Grunddienstbarkeit zulassen. Pikant ist, dass Telefonica die Standortsuche nicht selbst durchführt, sondern diese Arbeit einer Zeitarbeitsfirma aus der Region überlässt.

Welche Rechte hat die Gemeinde bei der Standortplanung?

Der Gedanke erscheint abenteuerlich. Eine private Firma sucht einen willigen Grundbesitzer für den Mobilfunkstandort und die Gemeinde soll sich möglichst wenig einmischen. Bisher gibt es kein eigenes „Mobilfunkgesetz“ in Deutschland. Immerhin wurde mit Paragraph 7a der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) im August 2013 eine Rechtsnorm gesetzt: Die Kommune, in deren Gebiet die Hochfrequenzanlage errichtet werden soll, wird bei der Auswahl von Standorten für Hochfrequenzanlagen durch die Betreiber gehört. Sie erhält rechtzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Erörterung der Baumaßnahme. Die Ergebnisse der Beteiligung sind zu berücksichtigen.
Hier muss und darf die Kommune alle benötigten Informationen einfordern. Zu einer rechtzeitigen Möglichkeit zur Stellungnahme gehört auch eine frühzeitige Information der Kommune über Grobplanungen. Kommt es bei dem Beteiligungsverfahren zu keiner Einigung und der Betreiber beharrt auf dem (nicht gewollten) Standort, könnte die Gemeinde von ihrer Planungshoheit Gebrauch machen und über das Gebiet eine Veränderungssperre erlassen, d.h. einen gebietsbezogenen bauplanungsrechtlichen Zwang anwenden. Im Anschluss daran hat sie die Möglichkeit, innerhalb von zwei Jahren im Rahmen der Bauleitplanung ein Mobilfunkstandortkonzept zu erarbeiten, in welchem geeignete Standorte vorgeschlagen werden.

Ausreichend Abstand zur Wohnbebauung notwendig

Über das Ausmaß der gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung ist seit langem ein Gelehrtenstreit im Gange. Der Gesetzgeber und die staatlichen Gremien, wie das Bundesamt für Strahlenschutz und die Strahlenschutzkommission, berufen sich unverändert auf die Grenzwerte der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung. Wissenschaftlich untermauert soll diese Gefährdungseinschätzung durch das deutsche Mobilfunkforschungsprogramm werden, welches aber zu mindestens 50% von der Mobilfunkindustrie mitfinanziert werde. Darin wird behauptet, dass gesundheitliche Effekte von Mobilfunksendern wissenschaftlich nicht nachgewiesen wären.
Kritische Wissenschaftler, die nicht von der Mobilfunkindustrie bezahlt werden, weisen auf rund hundert Studien hin, die Effekte bereits weit unterhalb der Grenzwerte gefunden haben. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens gilt das Vorsorgeprinzip, mit anderen Worten, „eine Sicherheitszone vor der eigentlichen Gefahrenschwelle“. Bei Anwendung des Vorsorgeaspekts wären Sendeanlagen in der Nähe von Wohngebieten keine Option.

Nachtrag vom 21.7.21

In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses teilte Simone Kirschner mit, dass die Standortsuche weitergeht, da der Betreiber den vorgeschlagenen Ort am Bleyer messtechnisch nicht für geeignet hält. Grundstücksbesitzer sollten sich gut überlegen, ob sie einen langfristigen Vertrag mit einem Mobilfunkunternehmen unterschreiben.

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