Ein Student dokumentiert die Lichtverschmutzung in Europa
Oskar Schlechter hat mit Heinersreuth eigentlich nichts zu tun – und wenn überhaupt, dann nur indirekt. Oskar ist 29 Jahre alt und hat in Dortmund Fotodesign studiert. Gerade arbeitet er an einem 160-seitigen Fotobuch über Lichtverschmutzung und hat ihm den Titel „Darkless“ gegeben. Als Fotograf hat er an Hand von unzähligen Bildern festgehalten, wie hell es in Europa und USA inzwischen geworden ist. Immer wieder zeigt er als Kontrast einen sternklaren Himmel, den viele Großstädter in der reinen Form gar nicht mehr wahrnehmen können. Zu viele hell erleuchtete Häuserfassaden, großformatig beleuchtete Werbetafeln und mit grellem Licht ausgeleuchtete Industrieanlagen verwehren den Blick zum Sternenhimmel. Auf Arte.TV zeigt Oskar Schlechter in einem siebenminütigen Beitrag einen Einblick in seine Arbeit.
Die Natur verliert ihren Biorhythmus
Der Kanadier Christopher Kyba beschäftigt sich schon länger als Oskar mit der Lichtverschmutzung und sagt: „Die Erde hat eine Tag- und eine Nachtseite. Wenn es auf unserem Planeten immer heller wird, setzen wir Naturgesetze außer Kraft“. Dies bedeutet, dass Vögel, Pflanzen, Insekten ihren Biorhythmus verlieren. Insekten kreisen dann permanent um eine Lichtquelle, verlieren dabei ihre Energie und können ihre natürlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen. Oskar Schlechter zeigt im Arte-Filmbeitrag ein Beispiel aus der Tierwelt. „Schafe sind auf einer Wiese nachts wach, da ihr Aufenthaltsbereich durch ein nahegelegenes Industriegebiet beleuchtet wird.“
Muss das Licht immer angeschaltet sein?
„Meine Arbeit soll nachzudenken anregen, ob man das Licht in der betreffenden Situation wirklich braucht“, sagt Oskar Schlechter. „Muss die Beleuchtung tatsächlich in allen Räumen aktiviert sein? Und wie ist es im Garten?“, nennt er Beispiele für Privatleute. Im öffentlichen Raum gibt es oft eine übersteigertes Sicherheitsbedürfnis. Dazu kommt die Kriminologin Dunja Storp in dem Arte-Film zu Wort. „Die Beleuchtung sollte ausgewogen sein, so dass starke Hell-Dunkel-Kontraste vermieden werden. Es nützt nichts, wenn die Unterführung grell beleuchtet ist, aber die Verzweigung rechts daneben komplett unbeleuchtet bleibt.“
Licht kann für nachtaktive Tiere als Barriere wirken
Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) plädiert für die weltweite Entwicklung einer dunklen Infrastruktur. Damit sind Bereiche und Korridore ohne unnötiges künstliches Licht bei Nacht gemeint, welche die biologische Vielfalt vor Lichtverschmutzung schützen. „Licht kann als Barriere insbesondere für nachtaktive Tiere wirken, die Lichtquellen meiden““, sagt der IGB-Forscher Franz Hölker. Es gibt auch Sink- oder Crash-Effekte. Dies bedeutet, dass Vögel, Fledermäuse oder Insekten von künstlichen Lichtquellen irritiert werden oder sterben. „Lichtverschmutzung wird mittlerweile als einer der Gründe für das weltweite Insektensterben und für den allgemeinen Verlust der Biodiversität betrachtet“, ist Dr. Franz Hölker überzeugt.
Ein Blick in die eigene Gemeinde
Heinersreuth ist keine Großstadt und hat auch kein Industriegebiet. Die Lichtverschmutzung ist eher schwach ausgebildet. Relativ hell beleuchtet ist nur die Tankstelle am Ortsausgang. Ein wahren Lichtschock erlebt der Autofahrer jedoch, wenn er von Heinersreuth aus die Ortsgrenze nach Bayreuth überquert. Hier fallen besonders die hell erleuchteten Autohäuser auf. Nur wer sagt es den Betreibern? Eine gesetzliche Regelung fehlt hier offensichtlich. Bis vor kurzem war in Heinersreuth die Versöhnungskirche immer von einem Halogenstrahler die ganze Nacht hell beleuchtet. Die Beleuchtungszeit endet nun um 22 Uhr. Neuerdings fragen sich einige Bürger, warum das frisch erbaute Gebäude der Kita und OGTS am alten Sportplatz nachts vollständig beleuchtet ist. Stefan Eigl stellte im Oktobber 2022 eine entsprechende Frage im Gemeinderat. „Die schwache Notbeleuchtung von einem Watt je Lichtquelle gehört zum Brandschutzkonzept für das Gebäude“, kam die Antwort fachkundig von der Bauverwaltung.
Lichtverschmutzung vermeiden und gleichzeitig Strom sparen
Seit dem Krieg in der Ukraine kommt zu den Belangen des Naturschutzes das Thema Energiekosten noch dazu. Die Kosten je Kilowattstunde Stromverbrauch steigen ab 2023 in der Gemeinde um das sechs- bis siebenfache an. Ein Grund mehr, um auf den sparsamen Umgang mit Licht zu achten. Wollen wir mit offenen Augen durch das Gemeindegebiet gehen. An welchen Stellen gibt es zuviel Licht – oder wo ist es sogar zu dunkel? Schreiben Sie eine Mail an den Rotmainblogger. Als Belohnung gibt es das Fotobuch „Darkless“ von Stefan Schlechter als Geschenk.
Links zum Thema
https://idw-online.de/de/news807145