Die Straßenausbaubeitragssatzung lässt keinen im Saal unberührt

Ortsdurchfahrt Cottenbach

Das Verursacherprinzip ist bei Anwendung der SABS unerheblich, siehe Beispiel Cottenbach

Besorgte Gemeinderäte und verunsicherte Bürger

Das Thema des Abends im Kastaniengarten lässt keinen der Besucher unberührt zurück. Der zukünftige Umgang mit der Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) setzt die Gemeinderäte unter Druck und beunruhigt die Bürger. Diese wissen nicht, mit welcher Kostensumme sie für zukünftige Straßenbaumaßnahmen belastet werden könnten. Die Gemeinderäte sollen bis Ende des Jahres eine Entscheidung über die Einführung der SABS treffen. Bürgermeisterin Simone Kirschner möchte auch die Bevölkerung mit einbeziehen. Deshalb hatte sie am 5.10.2016 zur fachlichen Unterstützung Stefan Frühbeißer als Referenten für einen öffentlichen Vortrag in den Saal des Kastaniengartens eingeladen.

Stefan Frühbeißer ist Bürgermeister von Pottenstein und sitzt im Kreisrat. Seine Gemeinde hat selbst noch keine Satzung verabschiedet, will sich aber dazu durchringen. Frühbeißer diskutierte schon in verschiedenen Gremien, unter anderem auch mit Landtagsabgeordneten. Vergeblich versuchte er, den Abgeordneten klar zu machen, dass bei der Idee der Beitragssatzung das Verursacherprinzip nicht zur Anwendung kommt. „Es interessiert nicht, wer die Straße kaputt fährt. Vielmehr wird dem Grundeigentümer durch den Ausbau eine Wertsteigerung zugerechnet“, erläuterte der Referent mehrfach. Für Durchgangsstraßen müsste die Kommune von Bund und Land eine Entschädigung erhalten. Dies könnten die Bürger nicht alleine schultern, so die Meinung von Frühbeißer.

Der Ortsteil Cottenbach als Beispiel

Gemeinderat Werner Kauper (CSU) fügte dazu ein passendes Beispiel an: Durch den Ortsteil Cottenbach fahren täglich rund 800 Autos. Nur eine Handvoll von Fahrten geht auf die Einheimischen zurück. Die Gemeinde ist für etwa 400-500 Meter Straße verantwortlich, davor und danach verläuft die Kreisstraße. „Sollen nun die wenigen Cottenbacher Bürger den Ausbau bezahlen“, war seine berechtigte Frage.
Ebenfalls nicht zur Verantwortung gezogen werden die Landwirte, wenn sie mit schweren Traktoren über die Dorfstraßen donnern. Danilo Heidrich, stellvertretender Leiter der Bauverwaltung, verwies auf das Verteilungsprinzip. In die Abrechnung einbezogen werden nur bebaute Grundstücke.

Die Verwaltung hat zwei Mustersatzungen als Diskussionsgrundlage vorbereitet

Bürgermeisterin Simone Kirschner hält zwei Mustersatzungen für die anstehende Diskussion im Gemeinderat bereit. Diese Satzungen ist den Gemeinderäten bereits zugegangen. Die Öffentlichkeit kann die Satzungen seit 6.10.16 auf der Webseite aufrufen und herunterladen:
§5b Kommunales Abgabengesetz (KAG) regelt die pauschale Umlage auf alle Gemeindebürger mit wiederkehrenden Abgaben. Die Alternative dazu sieht vor, Anwohner durch einmalige Zahlungen individuell zu belasten (§ 5a KAG).
Stefan Frühbeißer verwies darauf, dass die pauschale Umlage eine konkrete Planung erfordert und einen zeitlichen Rahmen hat. Die Gemeinde müsste z.B. eine Bestandsaufnahme der notwendigen Maßnahmen innerhalb der nächsten fünf Jahre machen und daraus eine Investitionssumme errechnen. Bei der einmaligen Abgabe wird die Straßenbaumaßnahme nach Fertigstellung abgerechnet und auf die Beitragspflichtigen verteilt.
Simonie Kirschner sieht einen gewissen Handlungsspielraum bei der Kostenverteilung. Die Gemeinde kann festlegen, ob sie einen Prozentsatz zwischen 20% und 70% selbst trägt. In Härtefällen sei eine Stundung der Zahlung möglich.

Fragen aus dem Publikum sorgen für Zündstoff

Einige Zuhörer hat die Diskussion offensichtlich hochgradig erregt. Klaus Friedel aus Altenplos forderte den Gemeinderat dazu auf, die Einführung der SABS nicht zu vollziehen. Lassen wir es darauf ankommen, war mehrfach aus dem Publikum zu hören. Das brachte Gemeinderat Norbert Eichler (SPD) auf die Palme: „Wenn die Gemeinde keine Satzung verabschiedet, können die Gemeinderäte persönlich in die Haftung genommen werden“, war sein Wissensstand. Verwaltungsleiter Karl-Heinz Hübner klinkte sich ein: „Das Landratsamt könnte uns eine Beitragssatzung aufdrücken, wenn wir untätig bleiben“.
Eine weitere Stimme aus dem Publikum forderte die Verwaltung mehrfach auf, Kostenbeispiele zu nennen. Die Bürger wollen wissen, welche Beträge auf sie zukommen. Es war verständlich, dass diese Forderung aus dem Publikum an dem Abend nicht zu erfüllen war.
[Kommentar des Verfassers: die Verwaltung wird aber nicht daran vorbeikommen, Kostenbeispiele für Variante A oder B zu ermitteln. Wie sollen sonst die Alternativen vernünftig im Gemeinderat diskutiert werden?]

Wenn die Satzung verabschiedet ist, muss sie auch gewendet werden

Die Bürgermeisterin ist gewillt, die Angelegenheit in geordnete Bahnen zu bringen. In den nächsten beiden Sitzungen des Gemeinderats soll eine grundsätzliche Entscheidung über Variante A oder B fallen. Im Detail ausgearbeitet muss die Satzung zum 31.12.2016 noch nicht sein. Da lässt das Landratsamt mich sich reden.
Stefan Frühbeißer gab der Verwaltung und den Gemeinderäten noch zwei wichtige Empfehlungen auf den Weg: Die Mustersatzungen seien durch viele Gremien gegangen und rechtlich abgesichert. Eine individuelle Lösung der Gemeinde könnte vor Gericht durchfallen. Sein zweiter Tipp: wenn die Satzung verabschiedet ist, muss sie auch angewendet werden. Dann kann man sich nicht mehr herauswinden.

Nachtrag vom 19.10.2016: Bayreuther Bürger müssen nach vier Jahren bluten

Wie der Kurier berichtet, müssen Anwohner der Tannhäuserstraße vier Jahre nach Fertigstellung der Straßenausbaumaßnahme ihren Beitrag zahlen. Rund 2.000 Euro kommen im Mittel auf jeden Eigentümer zu. Die Gesamtkosten betragen 332.000 Euro, davon werden 51.000 Euro = 15% auf die Anwohner umgelegt.

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