Ein bisschen Coburg in Heinersreuth

Blick auf das Schloss in Altenplos

Blick auf das Schloss in Altenplos

Ein Dorfwirtshaus als Pfand

Wenn ein großer Autozulieferer in Coburg etwas erreichen will, ist er bei der Auswahl der Mittel nicht zimperlich. Ob es um die Verbreiterung der Bundesstraße B4, den Ausbau des Flughafens in Coburg oder die Namensgebung für eine Straße geht, stets wird die Stadt damit erpresst, dass die Firma gegebenenfalls Kapazitäten abzieht. Neben dem Verlust von Arbeitsplätzen sind dann für Coburg auch Ausfälle bei der Gewerbesteuer zu erwarten. Es ist verständlich, dass der Stadtrat ständig im Zwiespalt steht, ob man nachgeben soll oder nicht.
Ein paar Nummern kleiner, aber nicht ganz unverwandt, stellt sich in der Gemeinde Heinersreuth die Forderung eines Brauereibesitzers dar. Diesem gehören im Randbereich von Altenplos Grundstücke, die er gerne aufwerten möchte. Sein Pfand ist der Gasthof Moreth. Das Wirtshaus ist wichtig für das Dorfleben. Es ist aber in die Jahre gekommen und müsste dringend renoviert werden. Der „Deal“ besteht darin, dass Geld für die Renovierung nur fließt, wenn ein geplantes Baugebiet zur Ausführung kommt.

Die Grundstücke liegen im Landschaftsschutzgebiet

Die Behörden tun sich grundsätzlich schwer damit, ein Landschaftsschutzgebiet aufzuheben. Noch schwerer wiegt es, wenn das Gelände an ein sogenanntes Flora-Fauna-Habitat (FFH) angrenzt. Ein gesetzlich festgelegtes Schutzziel von FFH-Gebieten ist nach europäischen Richtlinien das sogenannte Verschlechterungsgebot. Es dürfen keine Maßnahmen erfolgen, die seinen Status vermindern. Wird ein neues Baugebiet entwickelt, dann ist abzusehen, dass Lärm- und Lichtemissionen in das FFH-Gebiet eingetragen werden. Besonders bodenbrütende Vögel könnten dadurch empfindlich gestört werden.

Ein Deal mit der Regierung von Oberfranken

Lageplan Neue Mitte Altenplos

Lageplan Neue Mitte Altenplos

Um die Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes zu rechtfertigen, wurde die umgebende Fläche des Gasthofs Moreth als Sanierungsgebiet ausgewiesen und im Jahr 2017 ein Architekten-Wettbewerb mit dem Schwerpunkt „Verdichteter Siedlungsbau im ländlichen Raum“ ausgeschrieben. Geplant sind etwa 30 bis 50 Wohneinheiten und das Gebiet erhält den absurd klingenden Namen „Neue Mitte Altenplos“, wo doch jeder weiß, dass von einer Ortsmitte nicht die Rede sein kann.
Gemäß einer Pressemeldung vom Januar 2021 liefen seit mehreren Monaten Abstimmungsgespräche seitens der Gemeindeverwaltung mit dem Landratsamt und zwei möglichen Investoren, die „nicht genannt werden wollen“. Ein zu erlassender Bebauungsplan müsste sich an die Vorgaben des Architekturwettbewerbs halten. So sieht jedenfalls die Vorgabe der Regierung von Oberfranken aus. Nun ist bei der Gemeinderatssitzung vom 2.3.2021 bereits der erste Schritt erfolgt. Der Antrag auf Aufhebung des Landschaftsschutzgebiets wurde mit 14:2 Stimmen genehmigt. Jetzt sind die Behörden am Zug und der Brauereibesitzer wartet zunächst einmal die nächsten Schritte ab.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/wenn-der-naturschutz-nur-auf-dem-papier-besteht,SI80ns9
https://www.sueddeutsche.de/bayern/coburg-csu-stoschek-brose-jan-boehmermann-1.5228176

Ein Gedanke zu „Ein bisschen Coburg in Heinersreuth

  1. Doris Mösinger

    Danke für Ihre interessanten und aufschlußreichen Beiträge!
    Auch mit diesem Beitrag erfahre ich mal wieder mehr über die Hintergründe.

    Zur Fläche des Sanierungsgebietes in Altenplos möchte ich zu diesem Beitrag folgendes korrigierend anmerken:

    Das Sanierungsgebiet wurde nicht nur lediglich auf eine „umgebende Fläche des Gasthofs Moreth“ festgelegt, sondern auf den gesamten Ortskern!

    Genau die Fläche zur angedachten Bebauung der „Neuen Mitte Altenplos“, laut Gemeindeblatt der Anlass für die Festlegung des Sanierungsgebietes, befindet sich nicht innerhalb des Sanierungsgebietes. Merkwürdig.

    Gleiches gilt auch für den „Mainauenhof“ im Dorfpark Altenplos. Ebenfalls Anlass für ein Sanierungsgebiet, hochpreisig angeschafft, auch nicht im Sanierungsgebiet liegend. Merkwürdig.

    In 2019 sind diesbezüglich an die Gemeinde Heinersreuth Gelder vom Freistaat in fast sechsstelligen Höhe geflossen. Merkwürdig.

    Vermutlich muss Bestehendes saniert werden, um Gewünschtes gefördert zu bekommen. Fraglich.

    Die Bürger einerseits vorschriftsmässig in den Bastelprozess = ISEK einbeziehen, aber andererseits einschneidende Eigentumsrechte in Form eines Sanierungsgebietes aufzuerlegen. Sehr fraglich.

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